Wie auf dem B?rsenmarkt laufen die Reformen auch in anderen Bereichen der chinesischen Finanzbranche auf Hochtouren. Die rasche wirtschaftliche Entwicklung und die vielseitiger werdende Nachfrage auf dem Finanzmarkt haben den Bankensektor gezwungen, individuell ma?geschneiderte Dienstleistungen anzubieten. Bis Ende 2007 haben 78 Finanzinstitute in China Gesch?fte mit Privatkunden get?tigt, das entspricht mehr als 70 Prozent aller chinesischen Geldinstitute. Das Gesch?ft mit Privatkunden w?chst so rasant, dass der Umsatz im ersten Quartal 2008 bereits den Gesamtumsatz des Vorjahres übertroffen hat.

Die Industrial and Commercial Bank of China, eine der gr??ten Handelsbanken Chinas, bietet ein Finanzprodukt für Privatkunden an. Durch das Produkt "Lingtong-Express" sichert einerseits die Liquidit?t, andererseits profitieren die Kunden von einem h?heren Zinssatz. Bei einer Anlage von mehr als 50.000 Yuan (5800 Euro) erh?lt der Kunde einen h?heren Zinssatz als bei einem Sparkonto. Zudem kann er den Abhebungstermin seines Geldes selber bestimmen. Bankangestellte Zhao Na best?tigt den Erfolg des bei Privatkunden: "Der Umsatz von ?Lingtong-Express" macht über die H?lfte unserer Finanzgesch?fte mit Privatkunden aus."

Chinas Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) stellte für das chinesische Bankwesen eine Chance zur ?ffnung nach au?en dar. Im Jahr 2007 erhielten ausl?ndische Geldinstitute die Erlaubnis, ihr Bankkartengesch?ft mit chinesischen Renminbi oder mit ausw?rtigen W?hrungen als Rechnungsw?hrung in China abzuwickeln. Bis Ende 2007 wurde 21 ausl?ndischen Kreditinstituten gestattet, das Renminbi- Gesch?ft in ihren Filialen in China einzuführen. Umgekehrt sind auch Chinas Handelsbanken dabei, auf dem ausw?rtigen Markt Fu? zu fassen. Die Bank of China hat schon relativ früh den Schritt ins Ausland getan. Derzeit besitzt sie rund 600 Filialen in 28 L?ndern und Regionen weltweit. Die Industrial and Commercial Bank of China hat vor kurzem eine Filiale im australischen Sydney er?ffnet. Weitere Filialen in Doha und New York sollen folgen.

Die Versicherungsbranche stellt einen wichtigen Bestandteil der Finanzbranche dar. Vor 30 Jahren war das Wort "Versicherung" für die meisten Menschen in China noch ein Fremdwort. Im Zuge der Reform- und ?ffnungspolitik hat sich diese Branche jedoch ihren Weg in die chinesische Wirtschaft gebahnt. Auch immer mehr chinesische Familien beanspruchen Versicherungsdienstleistungen. Sowohl für Gesellschaft als auch Wirtschaft sind Versicherungen inzwischen zu einem wichtigen Thema geworden. W?hrend es vor 30 Jahren nur eine einzige Versicherungsgesellschaft in China gab, und die Versicherungsbeitr?ge im ganzen Jahr gerade einmal 460 Millionen Yuan (53,2 Millionen Euro)betrugen , waren es im Jahr 2007 schon über 110 Versicherungsanbieter. Ihre gesamten Einnahmen in 2007 übertrafen 700 Milliarden Yuan (81 Milliarden Euro).

Für Stadtbewohner ist es heutzutage ganz normal, Versicherungsvertr?ge abzuschlie?en. Aber auch in den l?ndlichen Regionen nimmt das Versicherungsgesch?ft zu. Für Bauern hat die chinesische Regierung ein spezielles Versicherungsangebot ausgearbeitet, das von der Regierung subventioniert wird. Dieses Versicherungsmodell hat sich bereits in mehreren l?ndlichen Provinzen bew?hrt. Liu Junyu ist ein Bauer im Stadtbezirk Daxing in Beijing. Im vergangenen Jahr züchtete er auf 0,3 Hektar Land Wassermelonen. Infolge eines Hagelschauers im Juni fiel seine Ernte jedoch schlecht aus. Dank seiner Versicherung erhielt er aber eine Entsch?digung von 5000 Yuan (578 Euro), die seinen Ernteverlust nahezu deckt: "Mit Hilfe der Versicherung erwirtschafte ich 2500 Yuan pro Mu Feld. Mein Verlust betr?gt blo? 500 Yuan. Diesen Verlust kann ich verkraften."

Liu Yunyu erz?hlt, dass die Bauern für jeden Hektar Ackerfl?che nur einen Versicherungsbeitrag von 1,3 Yuan bezahlen. Die restlichen 80 Prozent der Versicherungssumme übernimmt die lokale Regierung. Der Pr?sident der chinesischen Kommission zur Aufsicht und Verwaltung des Versicherungswesens, Wu Dingfu, erkl?rt, die zust?ndigen Beh?rden seien inzwischen dabei, die Agrarversicherung in mehr l?ndlichen Regionen durchzusetzen, damit sich mehr Bauern eine Versicherung leisten k?nnen. Angesichts der rasanten Globalisierung des Finanzwesens auf der ganzen Welt, kommt die chinesische Finanzbranche nicht umhin, sich weiter zu verbessern. Beispielsweise ist die Vergabe von Krediten bei vielen Banken zu sehr auf einige Gro?kunden konzentriert, was mit einem hohen Risiko verbunden ist. Auch das interne System zur Verwaltung und Kontrolle muss noch vervollst?ndigt werden. Die chinesische Versicherungsbranche sieht sich mit Kreditrisiken, Verwaltungsrisiken sowie mit Risiken von Katastrophen konfrontiert. Die chinesische Finanzbranche hat sich in die richtige Richtung entwickelt. Sie muss aber noch weiter reformiert werden und hat noch einen beschwerlichen Weg vor sich.